Mitten rein ins Mekong Delta...

Nach einer rund 3-stündigen und einmal mehr problemlosen Busfahrt komme ich in Can Tho an. Ein Städtchen mitten im Mekong Delta. Dachte ich zumindest. Nun ja, mitten im Delta ist es zwar, aber das "Städtchen" entpuppt sich als 1.3 Millionen-Einwohner-Stadt. Chaotisch wie alles in Asien, aber nach Ho Chi Minh City trotzdem herrlich ruhig und fast schon unheimlich ordentlich. 

Leider konnte ich mir dieses mal während der Busfahrt kaum ein Bild von der Gegend machen. Ich habe einen Gangplatz und meine Nachbarin schliesst als erstes mal die Vorhänge bis auch wirklich absolut gar kein Sonnenstrahl mehr den Weg zu uns findet. Das machen alle anderen auch, im Bus sitzen nämlich fast ausschliesslich Vietnamesen. Ich kann auf den ersten Blick nur 5 weitere Touris ausmachen... Das mit der Sonne ist in Asien so eine Sache. Die Menschen meiden sie wenn immer möglich, tragen darum auch fast ausschliesslich lange Hosen und langärmlige Oberteile. Daran habe ich mich schon gewöhnt. Aber hier in Vietnam ist das schon fast krankhaft. Da wird zusätzlich ein überdimensionaler Mundschutz getragen, Kappen, Hüte oder Mützen so weit wie nur irgend möglich ins Gesicht gezogen und die Frauen tragen oft noch Handschuhe die bis zu den Armbeugen reichen. Und natürlich Socken in den Flip-Flops. Die gibt es übrigens speziell zu kaufen, mit Extra-Naht für den grossen Zeh. Vorhänge werden grundsätzlich geschlossen, ein Restaurant mit Tischen an der Sonne kann gleich schon mal Konkurs anmelden - kein Einheimischer würde sich auch bei noch so grossem Hunger dort hinsetzen. All das hat nur einen Grund: Die Leute wollen auf keinen Fall eine dunklere Hautfarbe kriegen sondern möglichst "weiss" sein. Den das ist hier erstens das Schönheitsideal und zweitens ist es eine Frage des sozialen Status. Dunkle Haut haben Bauern und arme Leute auf dem Land. Darum gilt vor allem für die Menschen in den Städten: je heller die Haut, desto höher das Ansehen. Das erklärt auch, warum hier alles "Whitening" ist was man so auf die Haut streicht. Duschgel, Bodylotion, Sonnencrème. Was für uns Europäer etwas mühsam ist, weil wir ja meistens gerade das Gegenteil anstreben. Tja, andere Länder, andere Sitten.

 

Mit dem Taxi fahre ich vom Busbahnhof zum Hotel. Dieses mal finden wir den Weg auf Anhieb. Das Zimmer ist, sagen mir mal vorsichtig, nicht das allerschönste auf meiner Reise. Zwar mit Schrank (das scheint hier in Vietnam wieder Standard zu sein), aber sonst eher bescheiden und auch nicht ganz so sauber wie gewünscht. Ein Fenster gibt es zwar, ich sehe aber bloss an die nächste Hauswand. Nun gut, ich zahle auch nur 11 US$ pro Nacht muss ich dazu sagen. Und dafür ist es eigentlich gar nicht übel. Ich bleibe ja auch nur zwei Nächte.

Nach dem ich mich kurz eingerichtet habe will ich mich auf eine erste Erkundungstour begeben, es ist ja erst 15.00 Uhr. Und ich muss mich um eine Mekong-Fahrt für morgen früh kümmern, habe nämlich nichts vorgebucht. Also will ich mich als erstes auf die Suche nach einem Touri-Office machen... Dazu komme ich jedoch nicht, weil ich schon in der Hotelhalle angequatscht werde. Ich habe eigentlich nur nach einem Stadtplan gefragt (den das Hotel nicht hat...), das hat aber eine besonders aufmerksame Dame gehört und mich sofort gepackt. Natürlich habe sie einen Stadtplan und überhaupt, was ich den morgen so machen will??!! Sie hätte da ein tolles Angebot. Klar doch. Ich höre mir das ganze an und es klingt tatsächlich nicht übel. Eigentlich genau das was ich wollte, eine Fahrt auf dem Mekong zu den Floating Markets, ein englischsprechender Guide etc. Alles für 450'000 Dong. Ich muss mal eben kurz rechnen, das mit der vietnamesischen Währung ist ja so eine Sache. Ich war, bin und werde ja im Kopfrechnen immer eine Pfeife sein. Und da ist es mit diesen hohen Beträgen nicht immer ganz einfach. Also 100'000 Dong sind grob gerechnet (anders kann ich nicht) rund CHF 5.-. Dann währen das so ca. 22 Franken. Passt, so stand es auch im Reiseführer. Also buche ich doch gleich die Tour für den nächsten Tag, gemacht ist gemacht. Um 5.30 ist Treffpunkt beim Hotel. Puuuhhhh, wieder mal richtig früh!! Und so habe ich jetzt eigentlich nichts mehr zu tun, daher flaniere ich etwas der Promenade entlang und unterhalte mich auf einer Parkbank mit einer netten Französin. Mal was anderes als englisch sprechen tut gut. Schweizerdeutsch habe ich seit Wochen nicht mehr gesprochen, hoffentlich kann ich das noch...


Am nächsten Tag stehe ich um 05.20 morgens vor dem Hotel und werde auch gleich von einem netten Vietnamesen in Empfang genommen. Er kann leider kein Englisch oder sonst nichts ausser Vietnamesisch, aber Handzeichen sind ja auch ok. Er winkt und ich folge ihm quer durch die Gassen bis zum Hafen, das sind nur ein paar Minuten zu Fuss. Dort kriege ich in einem Café, welches von aussen nie als solches zu erkennen gewesen wäre, erst mal einen schönen, starken Kaffee. Der Typ quasselt irgend etwas und verschwindet, keine Ahnung was jetzt läuft. Ich warte also erst mal alleine und schaue zu wie direkt neben dem Café ein ganzes Schwein in seine Einzelteile zerlegt wird. Gewöhnungsbedürftiger Anblick um halb sechs Uhr morgens auf nüchternen Magen. Tja, das ist eben Asien! 

Fünf Minuten später kommt ein junger Vietnamese zu mir und stellt sich als Danny (wohl auch nicht sein richtiger Name) vor, er ist unser Guide. Uns, das sind nebst mir noch drei Mädels aus Deutschland, die wenig später auch noch eintrudeln. Wir sind also eine Vierer-Mädchen-Bande mit dem armen Danny als Guide. Dann gehts endlich los, wir kraxeln in unser Böötchen, alles sehr wackelig und glitschig, und fahren los Richtung Floating Market. Danny entpuppt sich als Glücksfall, er spricht fliessend englisch und erzählt uns während der Fahrt eine Menge über sich, Vietnam im Allgemeinen und den Mekong im Speziellen. Er ist erst 23, arbeitet täglich von 5.30 bis ca. 13.00 als Guide und dann von 14.00 bis 22.00 in einem Hotel am Empfang. Daneben studiert er Wirtschaft. Ich frage mich wann und wie er das alles packt. Hut ab. Er erklärt uns auch warum man in Vietnam ständig nach dem Alter gefragt wird, was ja für uns etwas komisch ist. Je nach dem ob die Person mit der man spricht männlich oder weiblich ist oder jünger oder älter als man selber spricht man sie unterschiedlich an. So gibt es natürlich auch verschiedene Varianten und statt hier einen Fehler zu machen fragt man das Gegenüber lieber gleich nach dem Alter. Interessant. 

Die Fahrt führt uns zu zwei schwimmenden Märkten, wo hauptsächlich Früchte und Gemüse aber auch sonstige Lebensmittel angeboten werden. Wir passieren ein paar kleine Dörfer und kriegen einen Einblick in das Leben am Mekong. Dann heisst es aussteigen, wir schauen uns eine Reisnudelfabrik an. Wobei Fabrik etwas gar übertrieben ist, es handelt sich mehr um eine speziell für Touristen inszenierte Show im Freien. So wie die Nudeln früher auf dem Land mal hergestellt wurden. Heute kommt alles aus "echten" Fabriken. Aber allemal spannend anzusehen. Danach geht es mit dem Boot wieder weiter in einen kleinen Nebenfluss mit kaum Wasser (es ist ja Trockenzeit), weshalb wir auch bald wieder aussteigen und zu Fuss weitergehen müssen. Auf Wunsch der drei Mädels aus Deutschland und als Extra zur normalen Tour schauen wir uns eine Schlangenfarm an. Hier werden Pythons für den Export von Leder und Lederwaren gezüchtet. Der Anblick ist alles andere als schön. Gleich am Anfang des Geländes können wir zuschauen wie ein Riesenpython gehäutet und anschliessend weiterverarbeitet wird. D.h. Innereien entfernen und das Fleisch in Portionen teilen. Die Haut wird zum trocknen an der Sonne auf ein Gestell gespannt. Der Geruch ist bestialisch. Ich glaube die Mädels bereuen ihren Wunsch. Leider ist fotografieren hier untersagt - obschon alles streng Legal ist, natürlich... Weiter hinten steht eine Bretterbude in die wir auch rein dürfen. Darin befinden sich lauter Käfige mit Pythons. Ich glaube es sind hunderte. Die Schlangen werden regelrecht gemestet damit sie auch schön fett werden und möglichst viel Haut abgegeben. Bewegen können sich die Tiere kaum bis gar nicht. Ein trauriger Anblick. Ich mag ja Schlangen gar nicht, aber hier tut sogar mir das Herz weh. Ich werde mir sicher niemals etwas aus Schlangenleder kaufen. Komischerweise dürfen wir hier sogar fotografieren...

Zum Glück geht es bald weiter, als nächstes schauen wir uns einen Fruit-Garden an. Hier ist die Welt wieder in Ordnung. Frische Früchte, Teiche mit Seerosen, schöne Blümchen und zum Schluss gibt es frische Kokosnuss. 

Dann ist auch schon wieder Zeit den Rückweg anzutreten, schliesslich haben wir noch 2 Stunden Flussfahrt vor uns. 

Es war eine schöne Tour die ihr Geld wert war, Danny war ein super Guide und die drei Mädels total nett. Wenn auch etliche Jahre jünger als ich und alle angeblich im Abi-Stress. War lustig zuzuhören wenn sie sich gegenseitig ihr Leid geklagt haben. Wer was schreiben muss und wie viel und über was und wie lange der Artikel sein muss etc. Nun gut, ich habe ja kein Abi aber soooo schlimm kann es jetzt auch nicht sein. Die eine reist 2 Monate durch Asien und die anderen beiden immerhin 5 Wochen. Ich konnte das in meiner Schul- und Lehrzeit nicht. Also kann es ganz so schlimm nicht sein. Wenn die wüssten wie das echte Arbeitsleben so ist...

 

 

Zurück in Can Tho verabschieden wir uns von Danny. Die Mädels wollen zurück ins Hotel und dann eine Pizza essen gehen. Ich habe dafür null Verständnis. Pizza in Vietnam. Never. Also trennen sich auch unsere Wege, ich spaziere noch durch die Shopping Mall, die sich allerdings als ziemlicher Reinfall entpuppt und dann knurrt auch mir der Magen. Ist ja auch schon neun Stunden her seit unserem Banh Mi (Baguette mit allerlei Füllung) zum Frühstück. Zudem bin ich ziemlich auf den Felgen, irgendwie scheint sich mal wieder eine Erkältung anzukündigen. Die Halsschmerzen sind schon mal da und auch der Kopf tut weh... Ich suche und finde eine kleine Garküche, es gibt Pho Bo (Nudelsuppe mit Rind), schön heiss und mit frischen Kräutern. Die Beste dich ich je hatte. Ich schlürfe (das habe ich mittlerweile gelernt) Suppe und Nudeln und sofort fühle ich mich besser. Manchmal liegt das ganze Glück einfach in einer Schüssel Nudelsuppe...

 

Am nächsten Tag geht es schon wieder weiter nach Rach Gia, eine Küstenstadt ganz im Süden. Hier muss ich eine Übernachtung einlegen um die morgendliche Fähre nach Phu Quoc, meinem letzten Ziel der Reise, zu erwischen. Das Busticket habe ich bereits bei der Ankunft in Can Tho gekauft, ich kann also direkt zum Busterminal fahren. Um 13.00 soll es los gehen. Leider bringt mich der Taxifahrer trotz Zettel mit Adresse zum falschen Terminal. Hier gibt es zwar ein Office der FUTA-Buslinie, aber die Busse fahren, wie in Ho Chi Minh City auch schon, nicht von hier weg. Also heisst es wieder Minibus nehmen. Weil ich etwas früh dran bin, ich musste ja um elf mein Hotelzimmer räumen, wird mein Ticket kurzerhand auf 12.00 umgeschrieben. Ich will noch intervenieren, 13.00 passt schon, ich will keinen Stress, aber da war die 3 schon übergetipext und mit einer 2 ersetzt. Aus Sitznummer 5 wurde 25 und nun warte ich also mal wieder auf einen Minibus. Der sollte um halb zwölf fahren. Da war aber keiner. Um viertel vor auch noch nicht. Zehn vor ist EIN Bus gekommen, es warteten aber rund 20 Leute, mit Gepäck. Das kriegen nicht mal die Vietnamesen alles in einen Minibus mit 11 Plätzen. Natürlich bleiben am Schluss acht Touris inkl. mir übrig, denn gegen die Wieselartigen Einheimischen haben wir lahmen Europäer keine Chance. Während wir uns noch immer am durchfragen sind ob das auch wirklich der richtige Bus ist, sitzen die Vietnamesen schon längst mitsamt Reissäcken und Hühnern drin. Was nun? Verdutzte Gesichter am Tickeschalter, dann wird wie wild herum telefoniert und fünf Minuten später steht tatsächlich ein zweiter Bus da. Es ist aber schon zwölf. Der Busfahrer ist sich dessen scheinbar bewusst, wir rasen recht räuberisch zum Terminal ausserhalb der Stadt. Und unser Bus nach Rach Gia steht wirklich noch da, rasch das Gepäck raus aus dem kleinen Bus und rein in den Grossen. Mit rund 15 Minuten Verspätung fahren wir dann schliesslich los. Es hätte alles so easy sein können, hätte mich der Taxifahrer an den richtigen Ort gebracht und währe mein Ticket nicht um eine Stunde nach vorne geschoben worden... Aber das wäre nicht Asien gewesen...

 

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